Angi Brinkmanns neue Kolumne
27.09.2020Endlich hat die Beauty-Industrie mal was richtig gut gemacht, denkt sich unsere MEINS-Autorin. Denn in Angi Brinkmanns Kolumne geht es diesmal um die aktuelle Rassismusdebatte, dank der Kosmetikfirmen ihre Werbung ändern. Geht doch!
Als Teenager liebte ich die Musik von Michael Jackson, nur verstand ich partout nicht, warum dieser schöne Mann mit den Locken und der süßen Nase seine schokobraune Haut nicht leiden konnte. Noch weniger verstand ich, dass es medizinisch überhaupt möglich war, aus Dunkel- Hellhäutig zu zaubern. Nun, heute wissen wir, unter welchen Qualen der Superstar durch seine selbstzerstörerischen Behandlungen litt. Viel wichtiger aber war für Michael wohl die Tatsache, dass seine angeborene Hautfarbe seinem Lebensglück entscheidend entgegenstand. Und sind wir ehrlich, trotz des charismatischen und als US-Präsident überaus erfolgreichen Barack Obamas gilt in Amerika und dem Rest der Welt noch immer, dass es dunkelhäutige Menschen deutlich schwerer haben.
Vielmehr noch: Weiße, makellose Haut gilt rund um den Globus als Schönheitsideal. Das muss raus aus den Köpfen. Da ist es ein guter, ein wichtiger Schritt, dass diesem rassistischen Ideal entsprechende Werbebotschaften nicht mehr lautstark rübergebracht werden. Die aktuelle Rassismusdebatte hat da einiges in Gang gesetzt – das ist gut so! Sogar die mächtige, milliardenschwere Schönheitsindustrie denkt nach. Beauty-Firmen wie Cremehersteller wollen künftig auf die Vermarktung aufhellender Produkte verzichten. Sehr werbewirksam, werden Sie jetzt denken, und ich gebe Ihnen unumwunden recht.
Da gibt es noch eine fragwürdige Werbebotschaft…
Trotzdem finde ich dieses Umdenken nachhaltig großartig. Da haben sich die Beauty-Riesen mal zum richtigen Zeitpunkt ans golden gepuderte Näschen gefasst und sich gefragt: „Welche menschenverachtenden Ideale propagieren wir da eigentlich?“ Ich kann’s Ihnen sagen: bleichende Cremes mit Markennamen wie „Fine Fairness“ und jede Menge anderer Schönmacher-Tiegelchen mit Etikettenversprechen wie „white“ „lightning“, „bright“ … Schluss damit! Wer sagt denn, dass wir Kundinnen weiß, hell oder aufgehellt sein wollen – oder gar sein sollten? Gut, bei dem orangefarbenen Vollpfosten im Weißen Haus würde ich mir Aufhellung wünschen, aber die nicht nur extern, sondern auch intern, in seinem Kopf. Und der Schönheitsindustrie dort drüben rufe ich heiter zu: Geht doch!
Endlich werden gesellschaftspolitische Diskussionen, wie in diesem Fall die brandaktuelle Rassismusdebatte, einmal ernst genommen. Das selbst auferlegte Verbot der Kosmetikriesen, sprachlich strittige Werbebotschaften nicht mehr zu benutzen, ist ein großer Schritt. Denn Sprache ist mehr als die Summe von Worten, Sprache macht etwas mit uns, mit unserem Denken und mit unserem Leben. Wer in Asien oder Afrika oder egal wo auf der Welt auf seiner Cremedose liest, dass ihm Aufhellung versprochen wird, der versteht insbesondere eines sehr deutlich: nämlich, dass sie oder er zu farbig ist, um schön zu sein. Alles, was uns die Kosmetik verheißt, ist eigentlich ein Wink mit dem Zaunpfahl. Wehren wir uns dagegen! Ich finde nicht nur aufhellende Produkte so was von unzeitgemäß, ich will auch nicht glatt oder jung aussehen müssen – das geht nämlich alles gar nicht. Ich bin 53 und so gar nicht Anti-Aging-gestimmt, sondern dankbar für jeden Tag, den ich altern darf. Mit Pigmentflecken! Hauptsache, am Leben. So!
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