Erfindungen, die keiner braucht

Von Generation WOW13.02.2022

Martina Ehrlich (56) schreibt, wie sie spricht: immer geradeheraus. Hier erzählt sie uns von ihrem Leben im Pott, von Katzen mit Charakter und Menschen, die was erlebt haben. Und trifft mit dem heutigen Thema „Erfindungen, die keiner braucht“ den Punkt …

Wenn mir langweilig ist, betreibe ich Katastrophentourismus im Shoppingcenter. Ich halte dann Ausschau nach Dingen, die so überflüssig sind, dass es wehtut. Ein Bananenschneider z. B. sieht aus wie eine Schere, ist aber dazu da, sechs Scheib- chen gleichzeitig von einer Banane abzuschnei- den. Ich habe auch schon Glatzenpoliertücher entdeckt, Einhorn-Kostüme für Katzen und einen Toilettenpapier-Abroller mit integrierter Handyhalterung. Wow, endlich mal Produkte, die die wirklich wichtigen Probleme der Mensch- heit lösen. Wir alle erinnern uns doch an die dunklen Zeiten, als wir ratlos vor einer Banane standen und keine Ahnung hatten, wie man die schneidet. Und könnte mein Kater Latotzke sprechen, läge er mir dauernd in den Ohren, ihm doch bitte, bitte eine Ganzkörper- Polyesterhülle mit Kapuze und aufgeklebtem Horn zu kaufen.

Zum Glück gibt es auch noch die anderen Erfindungen, also die, die unser Leben tatsächlich verlängern, verbessern oder wenigstens vereinfachen. Navigationssysteme zum Beispiel. Für Menschen wie mich, die schon mehrfach wutschnaubend einen Falk-Plan in den Mülleimer gepfeffert und ihn dann kleinlaut wieder herausgeholt haben, ein Gewinn. Ohne Navi gehe ich nicht mal mehr zum Brötchenholen, was dazu geführt hat, dass mein sowieso schon desolater Orientierungssinn vollends verkümmert ist. Inzwischen muss ich mich nur mal zum Schuhzubinden runterbeugen und weiß danach nicht mehr, aus welcher Richtung ich gekommen bin.

Jede neue Erfindung hat ihre Schattenseiten

Nicht gutgetan hat mir auch die flächendeckende Einführung von Schraubverschlüssen auf Weinflaschen. Früher habe ich mir dreimal (na gut, zweimal) überlegt, ob ich eine Flasche aufmache. Die Hemmschwelle, einen Korkenzieher zur Hand zu nehmen, ist deutlich höher, als wenn man nur mal kurz einen Deckel abdrehen muss. Ich kann auch den Erfinder des E-Bikes gar nicht hoch genug loben. Ich liebe mein Elektrofahrrad und will es jeden Morgen küssen, wenn es mich die lang gestreckte Anhöhe auf meinem Arbeitsweg hochschiebt, als hätte ich Rückenwind Stärke neun. Andererseits war genau diese Anhöhe häufig der einzige Moment des Tages, an dem mein Puls sich beschleunigte und meine Ober- schenkel sich anstrengen mussten. Klar könnte ich einfach die elektro- nische Unterstützung abschalten und die Strecke weiterhin sportlich nehmen, aber irgendwie vergesse ich immer, meine Selbstdisziplin mitzunehmen, wenn ich aus dem Haus gehe.

Jede neue Erfindung hat eben auch ihre Schattenseiten: Seit es WhatsApp gibt, telefoniert man kaum mehr. Seit es Bofrost gibt, kocht man weniger. Seit es Silikonimplantate gibt, gehen normalbusige Frauen weniger gern an den Strand, weil Männer glauben, es wäre normal, wenn Brüste sogar im Liegen steil nach oben zeigen. Aber die glauben bestimmt auch, dass man zum Bananenschneiden einen Bananenschneider braucht. Ist eben so eine Sache mit den Erfindungen.

Hat euch die Kolumne gefallen und wollt ihr künftig mehr davon lesen? Erzählt es mir gern in den Kommentaren. Und Hand aufs Herz, ihr Lieben! Jetzt würde mich interessieren: Welche Erfindung würdest du gern rückgängig machen? Oder im Gegenteil: Ohne welche Erfindung kannst du nicht mehr leben?

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