Hilfe, die Geschäfte sterben aus!
06.12.2020Die Bank, die Post, der Modeladen – überall zeichnet sich in den Städten ein ähnliches Bild: Unsere Geschäfte sterben aus. Zeit, der Sache auf den Grund zu gehen, findet MEINS-Autorin Angi Brinkmann, 54
Als kleines Mädchen hatte ich eine Kinderpost mit einem aufstellbaren gelben Papp-Schalter mit schwarzem Posthorn drauf und Klappläden. Die öffnete ich dann mit einem lauten „Traritraraaaa, die Post ist daaa!“ am Esstisch, da war Kundschaft garantiert. Fast 50 Jahre ist das jetzt her, und ich erinnere mich noch genau an die bunten Formulare und Etiketten und wie flink meine Fingerchen alles abstempelten. Diese Liebe zu „Offiziellem“ blieb, ich gehe heute noch leidenschaftlich zur Post. Besser gesagt, ich ging, denn die Post hat zu! Jeden Monat muss ich weiter herumfahren, um eine offene, wie’s neudeutsch heißt, Postagentur zu finden. Mit etwas Glück lande ich dann in einem Zeitungsladen mit einem Schalter in die Ecke gepresst. Kein Wunder, dass keiner mehr Briefe schreibt, das Marken-Kaufen ist – im wahrsten Sinne – ein freudloser Nischen-Sport geworden. Der moderne Postkunde soll sich seine Wertzeichen gefälligst im Internet aussuchen, ausdrucken und seine Sendung dem nächsten DHL-Boten in dessen vorbeirauschenden Van werfen. Zum Anhalten haben die bedauernswerten Fahrer nämlich gar keine Zeit mehr – da tickt die Überwachungsuhr. Ticktack, ticktack. Kaum einer ist noch auf der Straße, alle sind in Eile. Eingekauft wird mit der Pizza in der Hand vorm Computer zu Hause, und dieses traurige Schauspiel nennt sich überdies ganz blumig Homeshopping.
Was tun wir dagegen, dass die Geschäfte sterben?
Von Fachpersonal beraten lassen, Angebote vergleichen, Gespräche führen – vorbei! Unsere Fußgängerzonen verwaisen. Ist das nicht traurig? Und das Schlimme ist: Wir alle tragen dazu bei, dass die Geschäfte sterben. Die kleinen, individuellen Läden mussten längst aufgeben, jetzt werden – unter dem Deckmantel der Pandemie – auch die großen weggespart. Unternehmen fusionieren und schrumpfen sich gesund, Banken regieren die Welt. Ach, ups, das stimmt ja auch nicht mehr. Zumindest sieht man kaum mehr Banken im Stadtbild. An der Hand meiner Oma zur Sparkasse zu tippeln und zuzugucken, wie sie Geld abhebt, war früher mein Größtes. Ihre Regel „Man braucht immer Geld daheim“ habe ich noch im Ohr, und ich schätze Bargeld. Selbst wenn es nicht mehr so faszinierend riecht, wie in Kindertagen, und wir in Corona-Zeiten besser mit Karte zahlen, mag ich es zu sehen, wie hoch mein Börsenstand, also der Pegel in meiner Geldbörse, ist. Onlinebanking kommt da nicht ran! Überhaupt ist es so schwierig wie vereinsamend, Überweisungen allein online auszufüllen. Die großen Banken scheint das nicht zu interessieren. Mittlerweile schließen deutschlandweit Dutzende Niederlassungen pro Woche, und ich frage mich: Wie sollen die lieben Omas jetzt an Geld kommen? Zu Hause ausdrucken vielleicht? Na, wenn das so ist, hätte ich gern den Link dazu. Meine E-Mail-Adresse steht hier, es bleibt auch unter uns.