Aufreger: Das ist doch alles zu kurz!
17.09.2019„Wissen die nicht, was wir Frauen uns wünschen?“, fragt sich Autorin Angi Brinkmann, 52. Denn diese viel zu kurzen Kleider sorgen bei ihr für echten Shopping-Frust…
Falls Sie jetzt irritiert auf das Foto gucken und denken: Was will die denn? Die hat doch ein knielanges Kleid! Ja, habe ich. Aber auch nur, weil ich zu kurz bin für das Kleid. Ich habe mit meinen knappen 159 Zentimetern bei Weitem nicht das Gardemaß von 1,70 Metern, für das Kleidung heute handelsüblich geschnitten wird. Da sind wir beim Thema: Auch der Designer dieses Kleidchens hat nicht im Entferntesten beabsichtigt, dass ich meine Knie bedecken möchte. Aber genau das will ich! Und ich bin nicht allein mit diesem frommen Wunsch.
Mini oder Maxi – dazwischen gibt’s nix!
Ich bin da ganz auf der Linie von Coco Chanel: Das Knie ist der hässlichste Teil des Körpers! Sicher gibt es jede Menge Frauen mit schönen Knien und sensationellen Oberschenkeln, aber ich finde, ein Mini ist eine Frage des Alters. Schimpfen Sie mich nur, aber selbst das schönste Knie und erst recht der dazugehörige Oberschenkel verlieren irgendwann ihre jugendliche Festigkeit. Die Waden darunter hingegen sind bei den meisten von uns die straffste Körperregion. Es ist also nur folgerichtig, sie zu zeigen, oder? Fehlen uns nur noch die passenden Kleidchen für eine schöne Silhouette. „Ein Rock in italienischer Länge“ hat man früher dazu gesagt, weil die stilsicheren Italienerinnen ihren Saum immer schon eine Handbreit unter ihren Knien trugen. „Es gibt diesen Moment, da betrachtet die Frau ihr Spiegelbild, und sie weiß, dass sie unwiderstehlich aussieht“, flötete Coco Chanel Ende der 20er-Jahre. Sie hat recht behalten. Diese kluge Designerin revolutionierte die Mode mit ihren knielangen Röcken. Insbesondere, weil wir uns darin wunderbar frei bewegen können.
Blöderweise scheinen das alle Designer vergessen zu haben und setzen auf Extreme: Mini oder Maxi, dazwischen gibt’s nix. Wie unsinnig, der goldene Mittelweg wäre die perfekte Lösung: zweckmäßig für alle Anlässe, Altersgruppen und Tageszeiten und gleichzeitig ästhetisch. Die Literaturwissenschaftlerin Gertrud Lehnert vermutet in ihrem Buch „Frauen machen Mode“, Coco Chanel wollte mit ihrem Stil Frauen nicht als Objekt der Begierde kleiden, sondern deren Eigenständigkeit unterstreichen. Ach ja, das wünsche ich mir: Mode für selbstbewusste Frauen, die ihre Rocklänge ganz allein auswählen können.