Plädoyer für mehr Nächstenliebe
18.10.2020Wenn unsere MEINS-Autorin Angi Brinkmann, 53, durch Facebook & Co. surft, bekommt sie Schnappatmung. Unfassbar, wie fies Frauen einander angehen. Von Nächstenliebe keine Spur!
Neulich postete Schauspielerin Nina Petri auf ihrer Facebook-Seite so eine pfiffige Tuchmaske. Ich stolperte über das Video und klickte drauf. Wow, dachte ich, die ist ja mal erfrischend mutig! Die gute Nina war völlig ungeschminkt, hatte das Filmchen offensichtlich im Selfie-Modus mit ihrem Handy aufgenommen und nicht einmal einen Filter drübergelegt. In unserer heutigen Fake-Welt, in der jedes Profilfoto so wirkt, als habe es der Meister der Weichzeichner, Fotograf David Hamilton, geschossen, sind echte Frauen wie Nina ein Brüller in Sachen Authentizität! Erwartungsgemäß prasselten die Kommentare unter ihrem Posting nieder wie ein Herbstschauer. Oder sagen wir besser: wie ein Gewitter.
Bloß keinen Streit mit Katzenprofilbildern!
Was ich da lesen musste, hörte sich an wie meckernde Ziegen, die sich um Gras streiten. Ninas Selbstbewusstsein rief bei manchen „Fans“ offensichtlich blanken Hass hervor. Zwischen herzlicher Zustimmung fand ich Statements, die grollten wie herabstürzende Felsbrocken. So schrieb Melanie Irgendwas in Bezug auf einen Satz von Nina, man könne die Maske auch schnell mal zum Refresh vor einem Date anwenden: „Ha! Als ob DIE noch Dates hätte …“ Geht’s noch? Was bitte treibt eine Frau an, derart gemein zu sein? Sherlock-Holmes-mäßig recherchiere ich das Profil der Anfeinderin: nett anzuschauen, Katze im Arm. Zu Letzterem sag’ ich nichts, da zitiere ich lieber die tolle Schauspielerin Katerina Jacob, die geprägt von zahlreichen Erfahrungen mit über 100 000 Followern sagt: „Mit Katzenprofilbildern streite ich nicht…!“
Eine Räuberleiter für mehr Nächstenliebe
Natürlich liegt der Hass im Netz nicht an Katzen, Unsinn. Vielmehr möchte ich den Melanies dieser Welt zurufen: Warum bist du so lieb zu deinem Haustier, aber so gemein zu deinen eigenen Artgenossinnen? Das würde Männern nie einfallen, sich gegenseitig so ans Bein zu kicken. Und schon gar nicht öffentlich! Der Markus, mein Lebensmittelhändler – und seines Zeichens glücklich verheiratet mit einem Mann! –, lacht immer: „Warum seid ihr Weiber so bös untereinander? Des is doch schlecht für die ganze Innung!“ Treffender kann man, Pardon, frau es nicht sagen. Warum stehen wir Frauen nicht Seite an Seite und unterstützen uns? Wir brauchen einander doch, wir haben gemeinsame Ziele und sehnen uns nach Gleichberechtigung! Die gilt aber bitte auch in den eigenen Reihen, basierend auf Respekt, gegenseitiger Achtung und Nächstenliebe. Sich als Konkurrentinnen zu sehen blockiert uns doch nur. Viel besser wäre es, wir würden uns wie als Kinder eine Räuberleiter machen. Außerdem: Neid macht vielleicht nicht grün, aber sicher faltig. Ich glaube fest an Karma: Versuch es, Melanie – wünsch Nina viel Spaß bei ihrem nächsten Date und du wirst automatisch lächeln.
Du willst mehr von MEINS-Autorin Angi Brinkmann lesen? Auf den Punkt bringt sie es zum Beispiel auch in Sachen Corona und Mallorca.